Welchen Beitrag können Klassifikationen und Standards leisten?

Behandler wünschen sich vielfach Instrumente für die Reha-Zielarbeit, die auf ihre Rehabilitandengruppen zugeschnitten sind und häufig behandelte Erkrankungen widerspiegeln (u. a. Musekamp et al., 2008). Indikationsspezifische Zielkataloge können dem Behandler als Checkliste oder Gedächtnisstütze dienen. In verschiedenen Forschungsprojekten sind bereits Instrumente zum Thema Reha-Ziele, die indikationsspezifische Kataloge enthalten, entwickelt worden (s. Weiterführende Literatur).

Die Informationen, die im Rahmen der Anamnese erhoben werden, können in eine ICF-orientierte Struktur eingefügt werden. Damit ist gewährleistet, dass alle für die Rehabilitation relevanten Bereiche in der Reha-Zielarbeit abgedeckt sind.

Obwohl es derzeit keine allgemeine Kodiervorschrift gibt, erleichtert eine Zuordnung der Befunde zu Items in der ICF-Klassifikation die Orientierung sowie den strukturierten Transfer in den Entlassungsbericht und trägt maßgeblich zur Qualitätssicherung einer kontext- und teilhabeorientierten Rehabilitation bei (BAR, 2008). Ferner verbessert die Nutzung der ICF die Kooperation im Reha-Team, trägt zu einem besseren Verständnis untereinander bei (s. Modul 4 - Zielarbeit im Reha-Team) und erleichtert die inhaltliche sowie formale Planung des gesamten Reha-Prozesses (BAR, 2008) (s. Modul 5 - Neue Konzepte umsetzen).

Da die ICF-Codes oft in einer abstrakten und technischen Sprache verfasst sind, müssen diese in der direkten Kommunikation mit dem Rehabilitanden „übersetzt“ und konkretisiert werden (semi-standardisiertes Vorgehen). Beispiele hierfür finden sich in der folgenden Tabelle.

Kasten 2: Konkretisierung von ICF-basierten Reha-Zielen

ICF-Code

Code-Bezeichnung

Beispielhafte Zielformulierung

b770

Funktionen der Bewegungsmuster beim Gehen

z. B. flüssig gehen mit aufrechtem Oberkörper

d440

Feinmotorischer Handgebrauch

z. B. Kleidung zuknöpfen können

d240

Mit Stress u. a. psychischen Anforderungen umgehen

z. B. Autogenes Training selbständig einsetzen

Quelle: Eigene Darstellung (in Anlehnung an BAR, 2008)

Ausführliche Beispiele zur ICF-orientierten Dokumentation befinden sich im “ICF - Praxisleitfaden 2“ der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (2008, S. 32ff.).

Ergänzend dazu können die Komponenten der ICF mit unterschiedlichen Zeithorizonten bei der Zielsetzung mit einbezogen werden (BAR, 2008; Engel & Kemper, 2000; Stucki & Melvin, 2005):

  • Funktions-Ziele: oft auch auf Körperstrukturen bezogen
    (z. B. Wundheilung), u.U. kurzfristig erreichbar
  • Aktivitäten-Ziele: bieten sich für den Reha-Aufenthalt an
    (z. B. Ãœberkopfarbeiten), eher mittelfristig
  • Teilhabe-Ziele: auf den Alltag nach der Reha ausgerichtet
    (z. B. ein Hobby ausüben), eher langfristig

Das folgende Praxisbeispiel zeigt einen Ausschnitt aus einem Formular, in welchem die Reha-Ziele nach den ICF-Kategorien aus Sicht der Rehabilitanden sowie aus Sicht des Reha-Teams abgeglichen werden.

 

Abbildung 5: Ãœbersetzung der Ziele des Rehabilitanden in ICF-Kategorien
Abbildung 5: Ãœbersetzung der Ziele des Rehabilitanden in ICF-Kategorien
Quelle: Neurologische Klinik, Bad Neustadt/Saale (Auszug)